Seit langem schon experimentieren Neurowissenschaftler mit Vögeln und Katzen, um zu zeigen, dass es spezielle kritische Perioden in der Entwicklung gibt, die für ein funktionierendes visuelles System oder ein „artgerechtes“ Vogelgezwitscher sorgen. Bei Menschen gab es einige schlimme Fälle von furchtbarer Vernachlässigung von Kindern, die aller Wahrscheinlichkeit nach für tiefgreifende intellektuelle Defizite gesorgt haben. Diese Fälle gaben den Wissenschaftlern Aufschluss über die Folgen solcher Vernachlässigungen während der frühen Kindheitsjahre.
Es war den Wissenschaftlern jedoch nicht möglich, ein formal und trotzdem ethisch korrektes Experiment durchzuführen, um die Verbindung zwischen diesen kritischen Phasen und ihrer Funktion beim Menschen zu untersuchen. Dies ist jetzt anders, danke der Möglichkeit, Gamma-Wellen zu messen!
Am 21. Oktober 2008 hat ein amerikanisches Wissenschaftsmagazin (Science Daily) einen Artikel über die Erforschung der kritischen Periode für Sprachentwicklung und anderer Fähigkeiten bei Säuglingen veröffentlicht, in dem sie die Gamma-Wellen mit einem EEG maßen. Im Alter zwischen 16 und 36 Monate wächst die Sprache des Menschen gewaltig, das Vokabular erweitert sich im Durchschnitt von 100 auf 1000 Worte. Dr. April Benasich (Rutgers University, Newark, USA) maß die Gamma-Aktivität im Frontalkortex von Säuglingen zwischen 16 und 36 Monaten, während diese auf dem Schoß der Eltern saßen.
Das Ergebnis: Starke Gamma-Aktivität steht in Verbindung mit Sprachentwicklung, kognitiven Fähigkeiten, Verhaltens- und Impulskontrolle. Je entwickelter die Sprache eines Kindes oder dessen kognitive Fähigkeiten waren, desto mehr Gamma-Aktivität zeigte dieses Kind. Kinder, deren Eltern sprachliche Einschränkungen hatten, zeigten geringere Gamma-Aktivität.
Diese Ergebnisse stimmen mit dem überein, was man bereits über Gamma bei Erwachsenen und von der Arbeit mit Tieren weiß. Die Gamma-Aktivität erhöht sich während der Verarbeitung sprachlicher Informationen, während der Entwicklung von Ideen und Erinnerungen. Außerdem zeigen sich Gammawellen zwischen zwei Regionen des Gehirns während assoziativem Lernen, also wenn ein neues Thema mit einem bereits bekannten verknüpft wird.
Dr. Hermann von der Universität Magdeburg präsentierte ein Modell der Gamma-Aktivität bei verschiedenen psychatrischen Konditionen. Zu viel Gamma-Aktivität geht mit ADHS, bestimmten Symptomen der Schizophrenie (insb. Halluzinationen), Epilepsie und Alzheimer einher, während andere Formen der Schizophrenie mit zu wenig Gamma assoziiert werden.
Ist also eine Stimulation der Gammawellen sinnvoll? Oder besteht ein Risiko bei zu hoher Gamma-Aktivität?
Studien gibt es hierzu besonders bei Kindern, wobei Gamma-Training große Verbesserungen der non-verbalen kognitiven Fähigkeiten bewirkte, zum Beispiel die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Freiheit von Ablenkungen, Arithmetik und weiteren Fähigkeiten.
Und für Erwachsene?
Es gibt Hinweise darauf, dass Gammatraining auch Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten helfen kann. Jedoch ist die Studienlage noch nicht sehr umfangreich. Insbesondere bei bereits bestehender ADHS ist Vorsicht geboten. Jedoch kein Grund zur Beunruhigung: Brainwave Entrainment ist ein sehr milder Prozess und kognitive Veränderungen brauchen Zeit. Das Training sollte also langsam angegangen werden. Wenn sich irgendwelche unerwünschten Symptome ergeben, besteht so jederzeit die Möglichkeit, das Training abzubrechen.
Gammatraining gehört also zu den eher „abenteuerlichen“ Spielarten des sonst sehr sicheren Brainwave Entrainments. Wenn Sie sich dabei unwohl fühlen, sollten Sie, bis mehr Studien durchgeführt wurden, eher andere Frequenzen wählen.
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