Der heutige Interviewpartner ist ein absoluter Profi im Bereich Neurofeedback und Mentaltraining. Ich habe ihn bei meiner Coaching-Ausbildung kennen gelernt und er hat sich bereit erklärt, uns ein Interview zu geben. Viel Spaß ?
1. Hallo Dr. Jürgen Lang. Stell dich doch bitte unseren Lesern kurz vor (Werdegang, Tätigkeit etc.).
Ich habe nach dem Abi erst mal eine ausgesprochen öde Banklehre hinter mich gebracht und dann Wirtschaftspädagogik, BWL und Psycho studiert. Neben meinem Grundstudium habe ich u.a. als Barkeeper, Fish’n Chips Cook, Margarinepacker, Kameramann, Kirmesboxer, Möbelpacker und Finanzvertriebler gearbeitet. Im Hauptstudium bekam ich dann erst einige Dozentenjobs, dann schon sehr früh Lehraufträge und dann habe ich meine erste Beratungs- und Trainingsfirma gegründet. Seither bin ich selbständig. Mein Schwerpunkt hat sich dabei von der HR-Beratung und großen Vertriebs- und Changeprojekten erst mehr ins Prozess-Coaching entwickelt, dann – im Zusammenhang mit meiner berufsbegleitenden Promotion in Psychologie – hin zu meinen heutigen Seminaren und Vorträgen und meiner Praxis für Neurofeedbacktherapie und Mentaltraining.
2. Du hast dich intensiv mit dem Thema Emotionen beschäftigt. Welche Rolle spielen Emotionen beim persönlichen Erfolg?
Die ganz zentrale überhaupt. Während meiner Forschungsarbeit wollte ich mit graphentheoretischen Verfahren Emotionen in Vertriebs- und Führungssituationen sichtbar machen. Das Ergebnis übertraf in der Stärke der Ausprägungen alle Erwartungen: Die persönliche Langzeit-Entwicklung von Führungskräften ist durch und durch ein hoch-emotionale, Top-Verkäufer zeigen eine besonders hohe emotionale Stabilität und Frustrationstoleranz usw. In meiner Alltagspraxis habe ich das Ganze dazu ganz geballt in Veränderungssituationen erlebt- enorm emotionsgeladene Situationen, bei denen die hausinterne Führungsmannschaft schon mal in die Knie geht. Und für jeden einzelnen gilt: Du kannst alle Deine Ressourcen immer nur so gut nutzen, wie Deine Emotionen es zulassen. Egal, wie obergescheit und megaausgebildet und sophisticated.
3. Was sind denn aus deiner Erfahrung die besten Methoden, negative Emotionen schnell und effektiv zu überwinden bzw. umzuwandeln?
Sobald „das Tier“ in uns die Regie übernommen hat, wird’s schwierig. Davor steht jedoch immer eine Bewertung einer Situation durch uns selbst. Erst diese Bewertung macht die schlechten Gefühle, nicht die Situation selbst. Wenn man Gefühle mal vereinfacht als eher kurzfristige Verfassungen sieht und Emotionen als mehr andauernde, wird schon klar, in welche Richtung es geht: Bei ad hoc Situation muss ich versuchen, die negative „Spirale“ zu unterbrechen: Sofort Körperhaltung verändern, positive Anker nutzen und – der Tipp überhaupt: Stimme bewusst verändern. Dazu in eine positive Bewertung der Situation gehen. Mir als knallrotem Typ mit sizilianischem Temperament gelingt das manchmal nur, indem ich mich bewusst für einen Moment selbst verarsche und mir eine möglichst bescheuerte, absurde und witzige Deutung der Situation ausdenke. Ich weiß in dem Moment, dass das Quatsch ist und das die Möglichkeit, einen echten Idioten vor mir zu haben groß ist, aber es hilft mir, mich bewusst zu steuern, statt in den Affekt abzudriften.
Was Emotionen, also länger andauernde Gefühlszustände angeht, hilft freilich oft „raus zu kommen“ aus der alltäglichen Dauersituation, Sport usw. Schwerwiegendere emotionale Probleme sollten aber therapeutisch abgeklärt werden, weil sie sich letztlich in defizitären Hirnfunktionen manifestieren. Depressionen und Traumata betreffen als psychische Schmerzen z.B. die Schmerzzentren des Gehirns genau so, wie physische.
4. Du machst ja mittlerweile auch viel mit Neurofeedback. Kannst du kurz erklären, was das ist und wie du es einsetzt?
Neurofeedback funktioniert mittels EEG-gestützter Messung der Hirmströme und visuelles Feedback quasi in Form von Computerspielfrequenzen in Echtzeit. Als unmittelbares Gehirnwellentraining, hilft es dem Hirn, in seine jeweils optimalen Frequenzen zu finden und so zu lernen, selbst in optimale, gesunde und hoch leistungsfähige psychische Zustände hinein zu kommen. Das lässt sich therapeutisch bei einer enormen Bandbreite von sonst oft nur schwer therapierbaren Problemen und Krankheitsbildern äußerst erfolgreich einsetzen, wie Migräne und chronische Schmerzen, AD(H)S, Schlaganfall-Reha, Burn-out, Tinnitus usw. In letzte Zeit gibt es vielversprechende Anzeichen, dass auch Parkinson und MS mit NFB gut therapierbar sein könnten und vieles mehr. Der zweite Bereich ist das Peak Performance Training, einmal natürlich für Sportler (Golf, Tennis, Marathon…) zum anderen die Executive Performance für Manager aber auch z.B. die Auftrittsperformance von Politkern im Wahlkampf usw. und der militärische Einsatz. Ein dritter Bereich wird m.E. sein, NFB als Lifestyle-Element zu nutzen, um sich ein dauerhaft optimales Wohlbefinden, hohe Belastbarkeit, schnelle Erholung usw. im Alltag zu gönnen. Schon 5-10 NFB Sitzungen können zu einem meditativen Niveau führen, das Du sonst nur nach 10 Jahren Kloster in Tibet erreichst. Bisher gibt’s noch kaum Forschung in dem Bereich, aber es ist sogar vorstellbar, dass NFB auch einige Problemchen beim Lifestyle-Lieblingshema Sex lösen könnte…
Konkret habe ich im therapeutischen Bereich aktuell v.a. Klienten mit AD(H)S, post-traumatischen Belastungsstörungen und Burn-out. Im PPT Golfer und im Lifestyle-Bereich v.a. mich selber J
5. Kannst du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben: Was sind die drei wichtigsten Lektionen, die du in deinem Leben gelernt hast?
Erst Haben-wollen, dann Geben klappt nicht
Verteidige nie eine Verlustposition
Erst die Hose, dann die Schuhe
Vielen Dank, Jürgen. Ich freue mich auf die Veranstaltung, die du gerade planst.
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